Im Markt Postbauer-Heng hat Amazon ein Problem. Die Gemeindeverwaltung bestellt nichts mehr bei dem Online-Riesen. Und sie hat bisher viel dort eingekauft. Hintergrund ist das Stichwort „Gemeinwohlökonomie“. Ein sperriger Begriff, der in der knapp 8000 Einwohner zählenden Gemeinde aber inzwischen zum Alltag gehört: im Gemeinderat ebenso wie beim Metzger oder Bäcker.

Gabriele Bayer (Bündnis 90/Die Grünen), Dritte Bürgermeisterin der Gemeinde im Landkreis Neumarkt, beschreibt auf Einladung der Grünen Nordoberpfalz im Gasthaus Strehl, was es ganz konkret mit dem Begriff Gemeinwohlökonomie auf sich hat. Und was das mit Amazon zu tun hat.
Gemeinwohlökonomie steht für einen Wertewandel in der Wirtschaft, ein wertebasiertes Wirtschaftssystem, das die schiere Geldvermehrung nicht als alleinige Basis betrachtet. Den Worten Bayers zufolge geht es vielmehr um eine „ethische Marktwirtschaft“, um ein „gutes Leben für alle“.
Postbauer-Heng ist die zweite Gemeinde in Bayern, die sich auf den Weg gemacht hat, die Gemeinwohlökonomie zu einer Zielvorgabe bei allen Entscheidungen zu machen. Bürgermeister wie die große Mehrheit der Gemeinderäte sind CSU-Mitglieder und können laut Bayer gut mit den wenigen Grünen.
„Wir haben als Kommune eine riesige Vorbildfunktion“
Was es im einzelnen bedeutet, sich als Gemeinde an dem Begriff Gemeinwohlökonomie zu orientieren, erläutert Bayer den gut zwei Dutzend Zuhörern. Kommunen sind laut Bayer hervorragende Multiplikatoren für die Gemeinwohl-Idee: „Wir haben als Kommune eine riesige Vorbildfunktion.“ Aber sie sagt auch: „Das dauert, das ist ein Prozess.“
Warum darf nun kein Gemeinde-Angestellter in Postbauer-Heng mehr bei Amazon bestellen? Laut Bayer geht es darum, ob die „Dinge zusammenpassen, die wir tun, ob das nachhaltig ist, ob das zu unserer Gesamtstrategie passt“. Und das sei bei Amazon nicht der Fall. Inzwischen schauten auch schon andere Gemeinden auf Postbauer-Heng.
Bayer nennt ein weiteres Beispiel: Der örtliche Metzger fragt, woher die Gemeinde für ihre Veranstaltungen die „Öko-Weißwürste“ nehmen wolle. Die Antwort der Gemeinde: „Von Dir.“ Der Metzger winkt ab, er könne das nicht, ein Vierteljahr später lädt er zu einem Probeessen seiner ersten „Öko-Weißwürste“ ein. „Die waren gut“, sagt Bayer.

Ein anderes Beispiel: Ausschreibungen können laut Bayer durchaus auch gemeinwohlorientiert gestaltet werden. Die Kommune müsse keineswegs den billigsten Anbieter nehmen, sondern den wirtschaftlichsten. „Wenn man das ordentlich macht, ist das kein Problem“, sagt sie. In ihrer Gemeinde werde bei den Unternehmen nachgefragt: Wo kauft ihr eure Rohstoffe ein? Wie ist das bei euch mit einem Betriebsrat? Einige „fliegen dann raus“.
Sanierung des Marktes mit starker Bürgerbeteiligung
Die Wirtschaft ist aber nur ein Teilbereich der Gemeinwohlökonomie. Bayer streift die übrigen Felder nur noch. In Postbauer-Heng steht derzeit die Sanierung des Marktes an; diese wolle man mit deutlicher Beteiligung der Bürger realisieren, sagt sie: „Richtig demokratisch, unheimlich viel Aufwand, alles andere als lustig.“
Der Sprecher der Ausschussgemeinschaft Grün.Bunt.Weiden, Karl Bärnklau, bringt das Thema Wasserversorgung zur Sprache, das er eigenen Worten zufolge lieber in öffentlicher Hand sähe. Bayer sagt, das entscheide die Gemeinde. Stadträtin Laura Weber weist darauf, die Stadt Weiden müsse sich bewusst machen, was es hier schon alles an entsprechenden Initiativen gebe; es brauche aber vielleicht jemanden, der anschiebe. Weber wünscht sich, wie sie sagt, ein Bekenntnis zur Gemeinwohlökonomie.
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